Update: F.A.Q. zur Entscheidung der FIE zur Wiederzulassung von russischen und belarussischen Athleten


Wir haben noch mal einige Informationen zu der Entscheidung des FIE-Kongresses - Wiederzulassung von russischen und belarussischen Athleten - zusammengetragen und hoffen Euch damit eine gute Übersicht zu geben, was der aktuelle Sachstand ist – der Text wird fortlaufen aktualisiert und entsprechende Stellen markiert.

1. Wie kam es zu der Entscheidung der FIE?


Bei dem Kongress der FIE am 26. November 2022 wurde beschlossen, den bisherigen Ausschluss von russischen und belarussischen Athlet*innen zu verlängern. Gleichzeitig wurde ebenso festgehalten, bei etwaigen Entwicklungen die Situation neu zu bewerten. Weiterhin stand es fest, dass es einen außerordentlichen Kongress am 10. März 2023 geben wird Dieser hatte zur Zielsetzung über die mögliche Teilnahme zu debattieren und entscheiden.

Am 25. Januar 2023 hat das IOC erstmals Leitlinien rausgebracht, wie eine mögliche Wiederzulassung von Russland und Belarus aussehen könnte: https://olympics.com/ioc/news/statement-on-solidarity-with-ukraine-sanctions-against-russia-and-belarus-and-the-status-of-athletes

Hier steht noch die finale Entscheidung aus; diese wird Ende März erwartet (das Exekutiv Komitee des IOC tagt vom 28.-30. März).

2. Über welche Fragen hat der FIE-Kongress am Freitag entschieden?


Am 3. März 2023 wurde den Verbänden drei Fragen übersandt:
1. Do you agree to allow athletes with an FIE Licence registered by the National Federation of Russia or Belarus and holding the respective passport (or citizenship) to participate in FIE individual competitions from the second half of April 2023, subject to possible future IOC recommendations/decisions, and in compliance with conditions of neutrality and individual eligibility?

2. Do you agree to allow athletes with an FIE Licence registered by the National Federation of Russia or Belarus and holding the respective passport (or citizenship) to participate in FIE team competitions from the second half of April 2023, subject to possible future IOC recommendations/decisions, and in compliance with conditions of neutrality and individual eligibility?

3. Do you agree to allow officials (referees, coaches, trainers, medical staff, technical staff, members of commissions and councils) registered by the National Federation of Russia or Belarus and holding the respective passport (or citizenship) to attend FIE competitions from the second half of April 2023, subject to possible future IOC recommendations/decisions, and in compliance with conditions of neutrality and individual eligibility?


Die Frage verweist also auch hier auf das IOC: Dieses hat am 28. Februar 2022 allen Verbänden eine Nichtteilnahme russischer und belarussischer Athlet*innen sowie Offizieller empfohlen - diese Empfehlung gilt weiterhin. Erst wenn es zu einer Änderung dieser Empfehlung kommt, können sie auch auf FIE Turnieren starten. Die Abstimmungen zu den Fragen ging wie folgt aus (eine einfache Mehrheit war ausreichend):
Zu 1: 85 Ja, 46 Nein, 1 Enthaltung
Zu 2: 85 Ja, 51 Nein, 3 Enthaltungen
Zu 3: 88 Ja, 48 Nein, 2 Enthaltungen

Während des Kongresses wurden noch zwei Anträge des ukrainischen Verbandes zur Abstimmung gestellt, die eine Verschiebung der Abstimmung zum Ziel hatten. Diese hätten aber eine ¾ Mehrheit benötigt, welche deutlich nicht erreicht wurde (Abstimmungsergebnis war ähnlich der vorherigen). Die Beschlusstexte lauteten wie folgt:

Do you agree to the following: To exclude from the agenda for the FIE Online Extraordinary Congress scheduled for 10 March 2023 the point for discussion, coting or any other actions, including directives or instructions by FIE Authorities, regarding the admission of *Russian* and/or *Belarusian* fencers for the qualifying competitions to participate in the Olympic Games 2024 and any other international competitions.

To refrain from deciding the matter specified in paragraph (1) above until the complaint of Ukraine Fencing Federation is duly considered with making a final decision in accordance with the FIE Ethical Code and the FIE Disciplinary Code, including the consideration of the complaint in all instances of the Court of Arbitration for Sport, and, if necessary, in Swiss Courts.


3. Was hat das DFB Präsidium getan?

Das Präsidium des DFBs hat sich in einer außerordentlichen Sitzung am Donnerstag, 9. März mit dem außerordentlichen Kongress und den Abstimmungen – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung der anderen Akteure – beschäftigt.

An dieser Sitzung hat auch der aktuelle Athletensprecher, Leon Schlaffer, teilgenommen.
*ergänzt am 19.03.2023

Die Abstimmung beim FIE-Kongress erfolgte geheim; abstimmungsberechtigt war die Präsidentin. Am 7. März gab es einen Austausch mit dem DOSB, der keine klare Empfehlung gegeben hat: https://www.dosb.de/sonderseiten/news/news-detail/news/der-richtige-zeitpunkt-ist-noch-nicht-gekommen

4. Wie haben andere Verbände reagiert?

Die baltischen/skandinavischen Länder haben sich auf dem Kongress selbst für eine Verlängerung des Ausschlusses ausgesprochen. Der Verband der USA hat sowohl im Vorfeld als auch danach die Entscheidung deutlich kritisiert. https://www.usafencing.org/news_article/show/1263970 Die Vereinigung der Afrikanischen Sportler*innen dagegen hat am Wochenende die Entscheidung begrüßt: https://africaolympic.com/en/statement-by-african-athletes/ Der Französische Verband äußerte sich neutral und wies auf die Problematiken hin, vor denen auch wir stehen: https://www.lemonde.fr/sport/article/2023/03/10/escrime-les-athletes-russes-et-bielorusses-reintegres-par-la-federation-internationale_6164990_3242.html

Inzwischen haben sich auch andere Verbände geäußert:
Italien:
https://federscherma.it/il-presidente-federale-paolo-azzi-la-linea-resta-quella-del-cio-al-comitato-olimpico-la-decisione-sul-rientro-in-gara-di-atleti-russi-e-bielorussi/
*ergänzt am 14.03.2023
Schweiz:
https://swiss-fencing.ch/de/swiss-fencing-news-aus-dem-vorstand-wichtige-kommunikation/
*ergänzt am 14.03.2023
Großbritannien:
https://www.britishfencing.com/updates-from-fie-congress-2023/
*ergänzt am 14.03.2023
Österreich:
https://www.oefv.com/de
*ergänzt am 14.03.2023

5. Wie gehen andere Sportarten damit um?


Im Tennis dürfen die Spieler*innen unter neutraler Flagge starten, allerdings auch nicht überall:
https://www.sportschau.de/tennis/australian-open/pro-russland-provokationen-gegenueber-ukraine-bei-australian-100.html

Auch im Motorsport gab es kürzlich eine Entscheidung, einen russischen Rennfahrer wieder zuzulassen:
https://www.motorsport-total.com/formel-1/news/eu-sanktionen-aufgehoben-nikita-masepin-darf-karriere-fortsetzen-23030312

In beiden Fällen handelt es sich aber um Berufssportler, daher ist dies nur eingeschränkt vergleichbar.

Ergänzung 05.04.2023:
Nach der Empfehlung des IOC vom 28. März haben allerdings erste Verbände angekündigt bzw. verlautbaren lassen, diesen Empfehlungen zu folgen:

Tischtennis

https://www.insidethegames.biz/articles/1135554/ittf-russian-belarus-athletes-neutrals

Taekwando

https://www.bbc.com/sport/taekwondo/65172629

Auch der Kanu Weltverband bzw. sein Präsident unterstützen die Entscheidung:

https://www.deutschlandfunk.de/ioc-russland-belarus-olympia-ukraine-100.html

6. Wie geht es nun weiter?

Die Bundesregierung hat sich erst kürzlich gegen die Position des IOC gestellt:
https://www.zdf.de/nachrichten/sport/russische-sportler-startberechtigung-wettkaempfe-ioc-ukraine-100.html

Derzeit gilt auch noch, dass Reisen zu Wettkämpfen an denen Sportler*innen aus Russland und Belarus teilnehmen, nicht zuwendungsfähig sind. Ausnahmen könne es zwar geben, aber wie dies aussieht, ist derzeit noch unklar. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn die Athlet*innen unter neutraler Flagge starten.

Inzwischen hat das Bundesinnenministerium bekanntgegeben, dass Athlet*innen nicht die Leidtragenden sein sollen und es deshalb eine Ausnahme von diesen Regelungen geben soll: https://www.sport1.de/news/mehr-sport/2023/03/fechter-vorstoss-bmi-sieht-zulassung-als-falschen-weg *ergänzt am 14.03.2023

Der DOSB hat am 18. März weiterhin seine Ablehnung gegen die Zulassung russisch und belarussischer Athlet*innen gekräftigt und kommt in einem in Auftrag gegebenen Gutachten auch zu der Auffassung, dass ein solcher Ausschluss mit geltendem Recht vereinbar ist:
https://www.dosb.de/sonderseiten/news/news-detail/news/dosb-weiterhin-fuer-ausschluss-russischer-und-belarussischer-athletinnen *ergänzt 19.03.2023

Athleten Deutschland e.V. hat sich nach der Entscheidung auf Twitter ebenfalls ablehnen geäußert, da die Zulassung zu früh käme, weil auch etliche Fragen nicht geklärt sein. *ergänzt 19.03.2023

Eine zweite Frage betrifft den jetzt kommenden Weltcup in Tauberbischofsheim. Hier geht es vor allem um die Visaerteilung. Hier obliegt die Letztentscheidung den zuständigen Stellen der Verwaltung, da viele Visaerleichterungen aufgehoben wurden. Am heutigen Tag kam die Email der FIE, ob Deutschland Visa für russische und belarussische Athlet*innen ausstellt. Um diese Frage wird sich jetzt gekümmert.

Bei der Frage Weltcup in Tauberbischofsheim wurde die Entscheidung gefällt, diesen an die FIE zurückzugeben. *ergänzt 19.03.2023

Wie die Ausrichter der Wettbewerbe in anderen Ländern damit umgehen ist derzeit unklar, insbesondere für die European Games, die als Europameisterschaften in die Wertung für die Olympiaqualifikation gehen. Untenstehend gibt es von Ende Januar 2023 die Verlautbarung, keine russischen oder belarussischen Athlet*innen starten zu lassen: https://www.eurolympic.org/eoc-update-on-support-for-ukrainian-team-approach-to-russian-and-belarusian-participation/ Sehr entscheidend dürfte sein, was das IOC entscheidet (s. FIE Beschluss)

Inzwischen hat der Schwedische Fechtverband zwei Wettbewerbe Anfang September zurückgegeben.
https://www.sueddeutsche.de/sport/fechten-auch-schweden-verzichtet-auf-fechtwettbewerbe-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-230318-99-01108 *ergänzt 19.03.2023

Ergänzung 05.04.2023:

Inzwischen ist klar, dass der Weltcup aus Tauberbischofsheim nach Plowdiw verlegt wird. Der französische Weltcup in St. Maur im Herrendegen wurde ebenfalls vom französischen Verband abgesagt und geht nach Istanbul.

Hier ist die Lage derzeit sehr dynamisch, ob bspw. Poznan stattfindet, ist noch unklar, weil der Verband von russischen und belarussischen Sportler*innen eine unterschrieben Erklärung fordert.

https://www.insidethegames.biz/articles/1135504/russia-appeal-to-fie-over-poland-request

Das IOC hat am 28. März empfohlen, dass Einzelstart unter neutraler Flagge von russischen und belarussischen Sportler*innen wieder möglich ist. Teams bleiben ausgeschlossen, ebenso dürfen keinerlei Angehörige von Militäreinheiten teilnehmen.

https://olympics.com/ioc/news/ioc-issues-recommendations-for-international-federations-and-international-sports-event-organisers

Die FIE hat am 4. April den Mitgliedsverbänden mitgeteilt, dass sie diese Entscheidung mit umsetzen wird. D.h. Konkret: Es wird keine russischen und belarussischen Team-Starts geben. Der entsprechende „Urgent Letter“ wird in den nächsten Tagen auf der Seite der FIE veröffentlicht.

Der russische Verband hat durch seinen Präsidenten erklärt, dass er durch die IOC Entscheidung die Teilnahme an Paris 2024 de facto nicht sieht:

https://www.insidethegames.biz/articles/1135444/russian-fencing-no-chance-paris-2024

Wie die Umsetzung im Rahmen der European Games und der dort integrierten EM stattfinden soll, ist ebenfalls ungeklärt.

7. Was wird das Präsidium des DFBs nun tun?

Wie schon zu Beginn des Krieges gilt unsere volle Solidarität den Menschen in der Ukraine. Die bisherigen Entscheidungen des IOC haben unsere Zustimmung:
https://olympics.com/ioc/news/ioc-eb-recommends-no-participation-of-russian-and-belarusian-athletes-and-officials
https://olympics.com/ioc/news/ioc-eb-urges-all-ifs-to-relocate-or-cancel-their-sports-events-currently-planned-in-russia-or-belarus

Zu konstatieren ist aber, dass unter den FIE Mitgliedern eine breite Mehrheit für eine Wiederzulassung für Einzel- und Mannschaftsstarts wie auch für Offizielle vorherrscht. Das Präsidium muss diese Entscheidung akzeptieren und hiermit im Sinne des Verbandes umgehen. Dies heißt, dass nun einen Spagat gefunden werden muss, zwischen der Umsetzung dieser Entscheidung und der aufkommenden Problemstellung. Dies gilt insbesondere für die Fechter*innen und Kampfrichter*innen bei den kommenden Wettbewerben. Insbesondere Fragen von direkten Gefechten mit russischer/belarussischer Beteiligung wie auch offene Fragen im Hinblick auf Doping müssen geklärt werden. Das Präsidium wird sich bereits in dieser Woche intensiv mit seinen Athlet*innen, Kampfrichter*innen und Funktionär*innen beraten. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen des DOSB und des BMI soll eine gemeinsame Entscheidung und weitere Vorgehensweise im Sinne des Verbandes und seiner Athlet*innen erzielt werden.

Am Freitag, 18.3. hat ein Gespräch mit den Landesverbänden stattgefunden. Am kommenden Mittwoch findet ein Gespräch mit den Kaderathlet*innen statt. *ergänzt 19.03.2023

Als wichtigste Zielgruppe in dieser Situation möchten wir in der nächsten Woche in einer digitalen Sprechstunde mit unseren Athlet*innen besprechen,

Ein weiteres Gespräch hat am 30. März mit den Athlet*innen sowie den Landesverbänden stattgefunden.*ergänzt 05.04.2023

Mit dem Bundesinnenministerium wurde in der letzten Woche gesprochen und viel offene Fragen, von Kaderstatus bis Förderfähigkeit bei der Umsetzung der IOC Empfehlung gesprochen. Die Fragen wurden dort gesammelt und mitgenommen, konkrete Auskunft zu vielen Dingen konnte leider noch nicht gegeben werden. *ergänzt 05.04.2023

Dort möchten wir besprechen, welche Möglichkeiten auf dem Weg Richtung der Olympischen Spiele in Paris gesehen werden. Schon jetzt sagen wir unseren Athlet*innen die vollste Unterstützung zu!