Historischer Überblick
Fechten gehört neben Boxen und Ringen zu den ersten Wettbewerben der Menschheit. Eine Art sportlichen Fechtens betrieb man schon in der Antike. Früher war es ein bewaffneter Kampf zweier Personen, die sich mit langen Klingen und Handschutz gegenüber standen. Die Bedeutung der gepanzerten Ritterausrüstung verlor mit Verbreitung des Schießpulvers an Bedeutung. Das Schwert wurde schließlich nur noch gegen leicht- bzw. ungerüstete Gegner verwendet. Aus diesem traditionellen Schwerterkampf entwickelte sich der heutige Fechtsport.
1570 setzte der Franzose Henri Saint Didier einen Meilenstein in der Fecht-Entwicklung: er erfand die meisten Fechtausdrücke, die auch heute noch verwendet werden. Fechtmeister Wilhelm Kreußler (1618-1673) formulierte schließlich die Basis für die "Deutsche Stoßfechtschule" im 17. Jahrhundert. 1862 gründete sich in Deutschland der erste Fechtclub (Hannover), bereits vier Jahre später (1866) fanden die ersten deutschen Meisterschaften statt.
Die Fechter sind seit 1896 mit Florett und Säbel bei den Olympischen Spielen dabei. 1900 kommt der Degen hinzu. Seit 1924 fechten auch die Frauen, die zuerst ausschließlich zu dem Florett greifen. Erfolgreichste Frau ist die von Geburt an taube Ungarin Ildiko Retjö, die bei fünf Olympischen Spielen (1960 - 1976) siebenmal Edelmetall gewinnt.
Fechten spielte seit je her in Deutschland eine große Rolle. Nur nach den beiden Weltkriegen gab es in Deutschland eine Unterbrechung. Die Siegermächte verboten den Sport, weil sie befürchteten, Fechten könnte als militärische Ausbildung betrieben werden. Vier Jahre dauerte es, bevor die Alliierten einsahen, dass Fechter mit ihren abgestumpften Waffen keine angriffslustigen Krieger sind, und das Verbot aufhoben.
Inzwischen war der Eiserne Vorhang zugezogen, Ost und West nicht nur mehr Himmelsrichtungen und die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik politische Realität. Zunächst bemühten sich im Westen Enthusiasten um die Wiedergründung des Deutschen Fechter-Bundes (DFB), der am 17. Dezember 1911 in Frankfurt auf Initiative von Jacob Erckrath De Bary aus der Taufe gehoben worden war.
Eigenmächtig, also ohne Genehmigung der Alliierten, nahmen sie den Wiederaufbau des DFB in Angriff. Dazu wurde am 27. November 1949 eine Gründungsversammlung im Plenarsaal des Bundesrates in Bonn einberufen, zu der Vertreter aus 157 Fechtclubs und -abteilungen erschienen. Erst ein halbes Jahr später billigte die Alliierte Hohe Kommission indirekt dieses Vorpreschen, indem sie das Fechtverbot offiziell aufhob.
In der DDR dauerte es einige Jahre läger, bis der Wiederaufbau des als elitär geltenden Fechtsports begann. Am 15. Juni 1951 wurde in Berlin die "Sektion Fechten" im Deutschen Sportausschuss gegründet. Schon im Juli und Oktober 1951 fanden in Leipzig die ersten Fechtturniere innerhalb der DDR statt. Ein Jahr später wurden die ersten DDR-Meisterschaften veranstaltet, bei denen G. Neuber von Motor Dresden Doppelsieger mit dem Florett und dem Säbel wurde. Allerdings herrschte Mangel an Fechtbekleidung und vor allem an Klingen, was zu Einschränkungen im Trainings- und Wettkampfbetrieb führte.
Zu den Erfolgen eines Sportverbandes zählen allerdings nicht nur sportliche Meriten. Eine der größten Herausforderungen für den Fechtsport war die deutsche Wiedervereinigung und das Zusammenwachsen der beiden Verbände. Der Deutsche Fechtertag vollzog die Fusion von DFB (West) und DFV (Ost) am 8. Dezember 1990 in Bonn: Der DFB übernahm die Landesverbände Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. "Dies ist unser Beitrag zum Fair Play. Bei uns ist dieser Begriff nicht nur ein Lippenbekenntnis", sagte die damalige DFB-Präsidentin Erika Dienstl. Die aus Stolberg bei Aachen stammende Rheinländerin war nach Erwin Casmir (1949-57), Otto Adam (1957-72), Elmar Waterloh (1972-78) und Klaus Dieter Güse (1978-86) die erste Frau, die 1986 an die Spitze des DFB gewählt wurde.
(Abb. links: Die "Vereinigungspräsidenten": Erika Dienstl für den DFB (west) und Prof. Dr. Berndt Barth für den DFV (Ost) mit dem Motto des Zusammenschlusses 1990)
Erika Dienstl führte den DFB 14 Jahre lang, bis sie sich entschied, das Amt aus persönlichen Gründen niederzulegen. Am 26. November 2000 wurde schließlich Gordon Rapp als ihr Nachfolger bestimmt. Er übernahm den Verband in finanziell angespannten Zeiten: der DFB stand mit 400.000 Euro "in der Kreide". Doch schon Ende 2005 konnte Rapp verkünden: "Der DFB ist schuldenfrei!" Ein strenger Sparkurs machte die Entschuldung und den Bau eines soliden Finanzfundamentes möglich, so Rapp.
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Teile aus: FECHTTRAINING von Barth/Beck (Hrsg.), A. Schirmer, Meyer & Meyer Verlag Aachen, 2000, Seiten 17 ff.